FAKT: Pandemie gefährdet Unternehmenskultur

Wie gestaltet sich Ihre Situation, die Ihres Unternehmens oder Ihres Teams? Schon vor der Pandemie waren die Herausforderungen so groß, dass allen klar war – so wie bisher kann es nicht weitergehen. Wir alle arbeiteten daran unsere Strukturen, unser Mindset an der VUDCA-Welt auszurichten – einer Welt die zunehmen von Volatilität, Unsicherheit, Zerstörung (Destruction), Komplexität (Complexity) und Mehrdeutigkeit (Ambiguity) geprägt wird. Und als hätten wir nicht genug zu tun kam noch Corona hinzu. Ein Brandbeschleuniger, der uns in allen Lebenslagen beeinflusst, sowohl privat als auch beruflich. Wir alle sehnen uns wieder nach mehr Klarheit, Sicherheit, Stabilität und Planbarkeit.

Die Mitarbeiter stehen an vorderster Front, wenn es um die Bewältigung, die Bekämpfung der neuen Herausforderungen geht. Die aus der Not heraus induzierte flächendeckende Heimarbeit hat uns alle – Mitarbeiter und Führungskräfte aus unserem gewohnten Umfeld gerissen.

Erstes Fazit

In einem ersten Fazit hat dies bemerkenswert gut funktioniert. Annahmen, dass Veränderung schwierig ist, Zeit braucht und nur durch einen Teil der Mitarbeiter wirklich umgesetzt wird, haben sich angesichts der Notsituation als Irrtum erwiesen. Jeder hat die „Arschbacken“ zusammen gekniffen und versucht das Beste aus der Situation zu machen, um das Unternehmen und damit seine eigene Existenz zu sichern. Nach dem ersten Schock wurde der Blick auf die Situation flexibler und liberaler. Effektive Onlinemeetings ohne vermeintlich überflüssigen Ballast, keine unnötigen Fahrzeiten mehr, weniger Störungen am Heimarbeitsplatz, mehr Verantwortung in Kombination mit schnellen Entscheidungen bedeutete für viele von uns mehr Flexibilität und mehr Zeit. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelang effizienter und besser als vorher.

Zweites Fazit

Nach über einem Jahr Pandemieerfahrung gestaltet sich das zweite Fazit wesentlich differenzierter. Der ursprüngliche Ausnahmezustand ist zum „New Normal“ geworden. In meinen Workshops und Coachings wird mir immer mehr folgende Situation gespiegelt:

Führungskräfte sind noch mehr auf der Suche nach Sicherheit und Planbarkeit. Deshalb jagt ein Onlinemeeting das nächste. Es ist so einfach geworden Meetings zu veranstalten. Zwischen den Meetings gibt es im Gegensatz zu früher kaum Pausen. Die Anzahl der To-do’s aufgrund der vielen Meetings steigt und damit auch die Arbeitsbelastung, welche die zuvor genannten Zeitgewinne auffrisst. Zudem empfinden immer mehr Mitarbeiter Meetings mit einer hohen Teilnehmerzahl (>8-10) als wenig befriedigend.

Hinzu kommt das Thema mit den neuen Kollegen. Die Einarbeitung verläuft ohne persönlichen Kontakt nur schleppend. Klar kennt man deren Gesicht und hat in den Onlinemeetings Kontakt mit ihnen – den Menschen dahinter kennt man aber nicht. Das Netzwerk an bekannten Kollegen, das über die Anfangsphase der Pandemie geholfen hat, wird zunehmend brüchig. Generell wird es als schwierig empfunden Persönlichkeitsentwicklung online zu gestalten.

Für manche entwickelt sich die nicht geregelte Arbeitszeit zur Belastung. Man kann ja auch noch etwas für die Firma arbeiten, wenn die Kinder schon im Bett sind. Wenn dies nicht gelingt, bleibt ja immer noch früh morgens oder am Wochenende Zeit genug.

Und der Rücken – das Kreuz? Eine Bekannte von mir hat mittels eines Fitnesstrackers die Schritte verglichen. Während der Arbeit im Büro kam sie so auf 6-8000 Schritte. Und jetzt im Homeoffice? Nur noch 3-400 Schritte pro Tag. Das kann langfristig nicht gesund sein.

Zudem sind die Arbeitsbedingungen extrem heterogen. Alleinstehend – verheiratet, viele – wenige Kinder, älter – jünger, Miete – Eigenheim, beengte – großzügige Räumlichkeiten, großes – kleines Netzwerk, strukturierte – eher kreative Arbeitsweise, geringes – hohes Kontrollbedürfnis, ruhiges – hektisches Umfeld….unsere Leistungsfähigkeit im Homeoffice hängt von vielen Faktoren ab. Aus dieser Komplexität heraus ist es extrem schwierig, eine einheitliche und wirksame New Work Struktur für das gesamte Unternehmen zu entwickeln.

In vielen Unternehmen setzt sich aktuell die Erkenntnis durch, dass sich die anfänglichen Effizienzgewinne mit zunehmender Dauer der Heimarbeit in Effizienzverluste umwandeln.

Drittes Fazit

In einem dritten Fazit stellen wir nun fest, dass es immer schwieriger wird, die alte Kultur, die auf „Human Touch“ basiert, aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig spüren wir, dass das neue Kultur des „New Normal“, welches sich in Pandemie entwickelt hat, auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Es gilt eine neue Balance zu finden, welche wieder mehr Sicherheit, Klarheit, Stabilität und Planbarkeit gewährleistet. Das bedeutet, dass COVID-19 sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance darstellt, die ohne einen bewusst gestalteten Kulturwandel zum Rohrkrepierer wird.

Ich würde mich freuen, wenn Sie mit diskutieren.

Wie sieht Ihre Balance zwischen Büro- und Homeofficearbeit aus?

Wie ändert sich aus Ihrer Sicht die Rolle von Führungskräften?

Was ändert sich bei den Meetings in Bezug auf Struktur und Agenda?

Wo liegen für Sie die größten Herausforderungen?

Herzliche Grüße

Michael Mayer

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